Familien berichten von ihren Erfahrungen mit der Lebenshilfe Soltau e.V.
Das Luca im November 2005 mit einer Behinderung zur Welt kam hat uns eiskalt erwischt. Während der Geburt trennte sich frühzeitig die Plazenta und Luca musste aufgrund von Sauerstoffmangel reanimiert werden. Die Schwangerschaft verlief völlig sorgenfrei. Um so unvorbereiteter nahmen wir die Prognose des Arztes zur Kenntnis, dass Luca wohl „kein guter 100 Meter Läufer werden wird...wenn überhaupt“. Luca lag auf der Intensivstation.
Die ersten Wochen und Monate waren eine große Belastungsprobe. Unzählige Krankenhausaufenthalte, Hadern mit dem eigenen Schicksal und viele, viele Tränen. Luca schrie viel und war steif wie ein Brett. Eine Freundin kam, um den schreienden Luca herum zu tragen. Wir brauchten sie nur an zu rufen und schon war sie zur Stelle. Auch Mamas Patentante kam einmal die Woche abends mit ihrem Mann zu Besuch, um Luca herumzutragen. Es blieb Zeit, um auf dem Sofa zu sitzen und zu weinen. Denn sonst hatte man einfach nur zu funktionieren.
Ganz wichtig war die große Familie, die einem immer wieder Halt und Unterstützung gab und immer für uns da war, wenn wir sie brauchten.
Es ging langsam aufwärts. Wir kamen zu der Erkenntnis, dass es vielleicht noch schlimmer hätte kommen können. Kurz nach der Geburt erhielt Luca bereits Krankengymnastik. Die Frühförderung kam zu uns ins Haus, wir gingen Schwimmen und Reiten mit Luca. Mit Tess, der lieben Labradorhünden, haben wir ein weiteres Familienmitglied gewonnen, das mit für Luca da ist. Auf Musik, Hörspiele und menschliche Stimmen reagiert Luca sehr unterschiedlich. Wir wissen nicht genau, was bei Luca ankommt. Aber das etwas ankommt, dessen sind wir uns ganz sicher.
Als wir Luca nach seiner Eingewöhnung zum ersten Mal in der Heilpädagogischen Kindertagesstätte schreiend alleine zurückließen, sagte ein Erzieher zu mir: „Fahr nach Hause, trink einen Cappuccino und lass uns mal machen. Das wird schon.“ Ich bin erst einmal in den Supermarkt gefahren. Da ich, um Luca und mich zu beruhigen, gewöhnlich jeden Vorgang benannt oder besungen habe, stellte ich während des Einkaufens plötzlich fest, dass ich mit einem leeren Einkaufswagen sprach.
Was wir an der Lebenshilfe schätzen ist der gute Austausch, die Verlässlichkeit und die Hilfsbereitschaft, die uns entgegengebracht wird. Was wir uns wünschen, sind weitere Fortschritte in Sachen Barrierefreiheit. Luca kann nicht selbstständig sitzen und ist daher auf seinen Spezialstuhl angewiesen. Eine Flugreise ist durch den erforderlichen Ausbau einer kompletten Sitzreihe unbezahlbar. Ebenso ist eine Fahrt in einem Karussell ausgeschlossen.
Wir sind heute davon überzeugt, dass es gut so ist, wie es ist. Als uns beim letzten Krankenhausaufenthalt vorgeschlagen wurde für Luca eine Tagespflege zu beantragen, damit wir einmal durchschnaufen können, war unsere Antwort: Nein Danke, solange wir auf der Welt sind, gibt es uns nur zu viert – oder gar nicht.
Carmen, Lutz, Jonas, Luca Dornack und natürlich Tess
Hallo, ich heiße Marvin Läufer und bin am 25.04.1996 in Soltau geboren. Ohne das die Ärzte etwas bemerkten wurde ich als gesund aus dem Krankenhaus entlassen. Aber als wir dann drei Monate später beim Kinderarzt waren bemerkte er bei einer Routineuntersuchung, dass mit mir irgendwas nicht stimmte.
Untersuchungen ergaben, dass ich in Mamas Bauch Sauerstoffmangel hatte und sich dadurch ein Loch in der linken Gehirnhälfte gebildet hat. Mama und Papa waren sehr traurig, aber eins stand für sie fest: Sie werden mich immer lieben, egal wie ich mich entwickeln werde.
Durch Frühforderung und viel Krankengymnastik konnte ich dann mit 2 Jahren laufen. Dann kam mein „ Großer Tag“: Im August 1999 kam ich in die Kita der Lebenshilfe Soltau. Mama war sehr traurig, aber ich fand es toll mit anderen Kindern zu spielen. Ich machte große Fortschritte, und es folgte die Einschulung in 2001.
Da wurde ich so langsam erwachsen. Leider trennten sich in der Zeit meine Eltern, aber Oma und Mama sorgten dafür, dass ich mit der neuen Situation sehr gut zurecht kam. 2010 war für mich ein nicht so schönes Jahr. Ich verlor meine allerliebste Oma, 2 Tage vor meinem 14. Geburtstag. Mama sagt, dass Oma jetzt im Himmel ein Engel ist und auf mich aufpasst. 2011 hatte ich dann eine große Wirbelsäulenoperation. Mit ein paar Komplikationen wurde ich nach 3 Wochen entlassen. Mama sagt, ich sei sehr tapfer gewesen.
Durch die vielen Jahren bei der Lebenshilfe Soltau e.V bin selbständiger geworden und habe vieles erlernt. Kleine Arbeiten kann ich fast Selbständig erledigen, wie z.B. im Werkunterricht eine Laubsäge bedienen. Oder beim Einkaufen Sachen aufs Band legen und sie wieder einräumen. Vor allem das Miteinander mit meinen Mitschülern und Lehrern ist mir sehr wichtig. Mama und ich möchten „Danke“ sagen für die 15 tollen Jahre. Ich bin jeden Morgen gerne zur Lebenshilfe gegangen.
Meine Hobbys habe ich fast vergessen: Musik, Musik, Musik! Ich genieße es jeden Freitag in der Musikschule zu sein. Mit meinem Charme und meinem Lächeln kann ich viele verzaubern, auch ohne Worte. Ein Lächeln das ich nie verlieren werde. „Ich bin nicht anders, ich bin wie Du“.
Marvin Läufer